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Der Künstler Jörg Czischke (19451997) lebte und arbeitete in Köln und zeitweise in Norditalien. Czischke war ein entschlossener, mutiger Avantgardist. Eine seiner hervorstechenden Eigenschaften war, sich nicht festlegen zu lassen. Ihm war keine Kunst-Schublade fremd, denn untersucht hatte er sie alle. Doch in eine solche gezwängt zu werden, und sei sie noch so verlockend komfortabel ausgelegt, das war ihm zuwider – physisch wie psychisch.

Auf die Künstler der Avantgarde angesprochen, forderte er von ihnen mehr klassische Fertigkeiten und bessere handwerkliche Qualität. Manchem Werk der in den 70er Jahren aufkommenden und dann alles beherrschenden Pop-Art warf er intellektuelle, inhaltliche Einfallslosigkeit vor.

Versuche, seine Kolorierungsexperimente (Form-Farbe-Form) ausschließlich dem Konstruktivismus zu unterwerfen lehnte er ab, nachdem er sich in dieser Nische des Kunstmarktes auf Betreiben des Handels einige Jahre bewegt hatte. Dieser Teil seines Oeuvres war für ihn ein wichtiger Entwicklungsschritt auf dem Weg zu seiner idealen Kunst.

Seine Lebens- und Arbeitsgefährtin und spätere Ehefrau, seine Kölner Weggefährten, seine Freunde, seine Neider und Gegner sahen und erlebten ihn als skeptischen Denker und opulenten Maler, als radikalen Typographen und puristischen Zeichner, als kreativen Gestalter und kompromisslosen Berater, als selbstausbeuterischen Paraphrasten und konsequenten Macher, als unerschöpflichen Objektkünstler und solipsistischen Theoretiker. Er beklagte als Künstler den breiten öffentlichen Stillstand und den institutionellen
Widerstand im traditionellen Kunstbetrieb – trotz der vielen kölnspezifischen, neuartigen Aktivitäten in den damals noch zahlreichen Galerien und der vitalen Szene rund um den Kölner Kunstmarkt. Er haderte mit der am reinen Marktgeschehen orientierten publizistischen Ignoranz kreativen Neuankömmlingen und Künstler-Immigranten gegenüber.

Für die Menschen, die mit seiner Kunst Handel treiben wollten, die sich gar mit seinen Werken schmücken wollten, war er ein schwieriger, ein zäher Partner. Als Verfechter zweier in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts selten gewordenen Künstler-Eigenschaften, dem Selbstzweifel und dem Willen zur unbedingten Qualität, machte er sich und sein Oeuvre rar.
Jörg Czischke
„Problematische Genauigkeit”
Jörg Czischke – Artist
Eine persönliche Rezeption


Peter Zillig, Köln
2010